Polen 2011 Reisezeit Ende September Navigation Hildebrand´s Urlaubskarte 1:600.000 / Garmin Zumo Fotoausrüstung Pentax K20D / Tamron Zommobjektiv 18-250 mm Für September stand mal wieder ein Kurzurlaub von 4-5 Tagen an. Das Ziel war schnell gefunden und so ging es nur noch darum wer alles mit fährt. Am Ende standen 4 BMW GS auf dem Parkplatz und drei von den Maschinen wurden von jeweils einem Michael gefahren. War für mich i.O. .... dann muss ich mir nicht so viele Namen merken :-) Unser erster Tag sollte uns bis Leba bringen. Im Internet hatten wir bereits das Hotel vorgebucht und so stand einer guten Anreise nichts im Weg. Richtung Stettin ging es über die Autobahn und kurz nach dem Grenzübertritt wechselten wir auf Nebenstraßen. Der Grenzübertritt geschieht heute zwar nur noch symbolisch, dank des vereinten Europa, aber trotzdem bekommt man sofort mit, dass man in Polen ist. Kurz nach der Grenze finden wir uns in einem Agrargürtel wieder. Hier gibt es Felder, Wälder uns Bauernhöfe..... sonst nicht viel. Wir nehmen einen Kurs Richtung Ostsee und freuen uns über gute Straßen. Das sollte sich aber schnell ändern. Je tiefer wir in das Land kommen und uns von den Hauptverkehrsrouten abwenden, desto abenteuerlicher werden die Straßen. Es ist auch irgendwie eine Reise zurück in der Zeit. Hier tauchen Namen von Orten auf, die ich aus den Erzählungen meiner Eltern oder meiner Großmutter kenne. Wir kommen an Gryflice (Greifenberg), Kolobrzeg (Kolberg), Koszalin (Köslin), Lebork (Lauenburg) vorbei. Hier führt uns das Navigationsgerät über zum Teil abenteuerliche Straßen und Wege. Wir haben einen guten Tag und wollen die Fahrt in vollen Zügen genießen. Diesen Leitspruch beherzigend nehmen ich den nächsten Abschnitt unter die Räder und es funktioniert auch super. Pfützen und Schlamm spritzen nur so auseinander und ich kann schon das Ende der Schlechtwegstrecke sehen. Jetzt nur nicht nach rechts in die ausgefahrene Spur kommen, dann geht alles glatt. Schleiß Blickführung!!!! Natürlich schaue ich mir die Spur an und im nächsten Moment fährt meine Dicke auch schon in die Richtung. Mein Vorderrad lässt sich nicht mehr kontrollieren und schon fliege ich im hohen Bogen durch die Luft. Keiner hat den Abflug gesehen oder gar gefilmt......... schade. Der Aufprall ist heftig und mir schießen die Worte von Nadine durch den Kopf, mit der ich in 6 Tagen nach Amerika fliegen will, “pass bloß auf, dass nichts passiert, fahr vorsichtig”. Die erste Selbstdiagnose ergibt ... soweit alles i.O. Schlüsselbein und mein Unterschenkel haben nichts abbekommen. Nachdem die anderen auch eingetroffen sind lachen wir erst einmal eine Runde und fahren weiter. Das Hotel erwartet uns bereits. Schnell abladen, duschen und dann etwas essen. Schon beim Abladen macht sich eine Rippe bemerkbar. Beim Duschen kann ich bis auf einen kleinen Knubbel nicht viel feststellen. Adrenalin ist eine tolle Sachen sollte nur länger anhalten. Wir treffen uns unten und gehen zum Essen. Leba ist ein schöne kleine Stadt an der Ostsee. Optisch auf Tourismus eingestellt sind wir guter Dinge etwas zu finden. Was sofort ins Auge fällt sind unzählige Schnellrestaurants mit Kebab und Pizza. Das hatten wir schon zum Mittagessen und benötigt keine Wiederholung. Wir besuchen eins der wenigen geöffneten anderen Lokale. Was wir schon kurz nach der Grenze erlebt haben, wird hier zur Gewissheit..... man ist nicht auf westliche Touristen eingestellt. Hier spricht man polnisch und polnisch. Das werden wir noch öfters erleben. Wir bestellen mit Händen und Füßen etwas zu essen und erwarten die Resultate. Ich habe mich für Lachs mit Fritten und Salat entschieden. Das rote angeräucherte Stück Lachs wandert bevor es serviert wird noch schnell in die Fritteuse und danach auf den Teller. Auch in den nächsten Tagen werden wir immer wieder die Erfahrung machen, dass das Essen keinen großen Stellenwert zu haben scheint. Auf die Frage wo wir gute polnische Küche bekommen können, werden wir oft nur fragend angesehen. Den Abend beschließen wir noch mit zwei Flaschen gutem Vodka (gegen das Sodbrennen). Gut gelaunt begebe ich mich ins Bett und kann mich kaum hinlegen ,geschweige denn umdrehen. Der Knubbel an meine Rippe ist ein bisschen dicker geworden und ich drücke ihn einfach ein bisschen nach hinten, was unter einigen Schmerzen, begleitet von einem Knirschen auch geht. Die nächsten 3 Wochen sollte ich noch oft an meinen Abflug erinnert werden. Morgens nach dem Frühstück nochmals kurz in den Hafen und dann weiter. Es gibt viel zu sehen und wir haben nur begrenzt Zeit. Danzig steht auf dem Plan. Wir machen noch einen kurzen Zwischenstopp in Sopot (Zoppot), um das ehemalige Haus der Großeltern vom einer der “drei Mikes” zu sehen. Wir können es tatsächlich finden und nach kurzem Fototermin fahren wir weiter. Danzig empfängt uns erst einmal mit Stau, dass wird nicht der letzte an diesem Tag sein. Wir schlängeln uns durch den Verkehr und stellen die Motorräder im Bereich der Markthalle ab. In einem Straßenkaffee mache wir ein kurze Pause und schauen uns die vorbei laufenden Menschen an. Schnell merken wir, dass unsere Gruppe nicht wirklich auf Sightseeing eingestellt ist. Ab auf die Bikes und weiter Richtung Malbork (Marienburg) . Hier steht die alte Ordensburg des Deutschen Orden, ein riesiges Backsteingebäude. Bevor wir unser Ziel erreichen, steht uns nochmal der total normale Verkehrswahnsinn bevor. Der Dritte Tag in Polen fängt mit Sonnenschein und einem ausgiebigen Frühstück an. Heute geht es tiefer in die Masuren und ein Stück an der russischen Grenze entlang. Die masurische Seenplatte kann durch ihr pure Schönheit überzeugen. Das haben auch immer mehr Menschen entdeckt und so blüht neben dem Tourismus auch der Bau von Einzelheimen. Den Morgen genießen wir. Von der Hochzeit findet sich noch ein Gast im Treppenhaus, der es nicht mehr bis auf sein Zimmer geschafft hat und stattdessen das Sofa auf dem Gang genommen hat. Ansonsten haben wir das Restaurant für uns und können ausgedehnt Frühstücken. Meine Rippe meldet sich wieder etwas heftiger. Wir gehen wieder auf die Piste und steuern Torun an. Hier wollen wir ein wenig die Stadt besichtigen. In Torun finden wir einen schönen Altstadtkern mit Stadtmauer vor. Neben guter Bausubstanz stehen hier auch noch einige Häuser die schon bessere Zeiten gesehen haben. Es ist Sonntag und halb Polen scheint auf den Füßen zu sein. Wir schauen uns in Ruhe die Stadt an. Lange halten wir es aber nicht aus und es zieht uns wieder zurück zu den Bikes, um das letzte Hotel unserer Reise anzufahren. Im Internet haben wir das Hotel Pietrak in Gniezno gebucht. Wir erreichen das Hotel am späten Nachmittag und sind sofort angenehm überrascht. Die Stadt macht einen tollen Eindruck (Altstadtbereich) auf uns und das Hotel ist auch sehr schön. Der Ablauf ist natürlich wie gehabt. Duschen, umziehen, Stadt ansehen und dann etwas essen gehen. Wie bereits geschrieben ... die Altstadt ist sehr schön .... verlässt man aber diesen Bereich, macht sich sofort Tristesse breit. Die Häuser sind nicht so einladend und die Stadt verliert ihren Charme. Den Abend verbringen wir auf der Terrasse des Hotel eigenen Pub´s. Nach einem ausgiebigen Abendessen lassen wir noch ein bisschen die Seele baumeln und genießen den schönen Abend. Zeit, um ein bisschen zu reflektieren. Die Tour lief gut (auch wenn meine Rippe das anders sieht) wir haben gut harmoniert und sollten so etwas im nächsten Jahr wiederholen. Polen als Urlaubs-/Tourenland ist ganz o.k. reizt aber nicht, um hier länger zu verweilen. Masuren ist mit Abstand das Highlight der Tour. Merkwürdig kam uns das Thema Fremdsprachen vor. Bereits kurz hinter der Grenze war in vielen Fällen weder eine Verständigung in Deutsch noch in Englisch möglich. Tja, und dann war da noch das Thema Essen. Wie bereits eingangs geschrieben Kebab und Pizza gab es an jeder Ecke ,aber polnische Küche war verdammt schwer, bis überhaupt, nicht zu finden. Was wir auch live erleben durften.... man trinkt gerne Alkohol und setzt sich danach ans Steuer (laufen würde auch nicht mehr funktionieren). Hier muss man nicht nur auf die Straßen und ihren Zustand achten! Viele Dörfer, die wir durchfahren haben, hatten immer noch etwas Unberührtes, so als ob sich in den letzten 20 Jahren nichts verändert hätte. Für einige der Bewohner waren wir auf unseren Motorrädern das Highlight des Monats und wahrscheinlich auch der Gesprächsstoff für den Abend. Am nächsten Tag steht nur noch die Schlussetappe an. Knapp ca. 350 km und dann sind wir wieder zu Hause. Landschaftlich erwartet uns an diesem Tag nicht viel und was die Straßen angeht, gibt es auch hier keine Herausforderungen, die wir nicht schon in den letzten Tagen gemeistert hätten. Auf dem Weg nach Hause kommen wir wieder durch für uns endlos erscheinende Agrargebiete, die kaum Abwechslung bieten.
Am späten Nachmittag wollen wir dann endlich zum Hotel. Uns trennen noch wenige Kilometer von Dusche und Abendbrot und wir entschließen uns einen Waldweg zu fahren. Aus dem anfänglich sandigen Waldweg wird kurze Zeit später eine anspruchsvolle Tiefsandpassage und kurz daraufauch noch ein richtiger Schlammpfad. Nach über 400km und mit voll beladenen Maschinen kein einfaches Unterfangen. Im Tiefsand rutscht mir auch einmal meine Dicke weg. Nicht so schlimm. Aufstehen und weiter. Ach ja rechts ist Gas!
Gdansk und Malbrok haben richtig Zeit gekostet. Wir müssen heute noch bis Gizycko zum Hotel Wodnik. Um die die Distanz schnell zu überbrücken, lassen wir es richtig fliegen. Solange die Straße mehr oder weniger glatt ist geht das gut, aber bei kurzen Stößen oder schlechten Straßen meldet sich mein Rippe. Ich bin froh, als wir das Hotel erreichen. Gizycko und das Hotel begrüßen uns mit dem Charme des alten Sozialismus. Bei dem Hotel fühle ich mich an alte Interhotels erinnert, in denen ich nach Mauerfall öfters übernachtet habe. Zwar ist das Hotel in Teilen gut renoviert, aber in Summe bietet es keinen guten Standard. Wir gehen etwas essen und bekommen mit Piroggen endlich etwas Osteuropäisches. September heißt für diese Gegend Nachsaison. In der Stadt ist kaum etwas los und nachdem wir mit dem Essen fertig sind, wird unser Lokal auch geschlossen. In unserm Hotel ist heute Livemusik angesagt. Wie es aussieht ist die halbe Stadt gekommen, um sich das anzusehen. Ich klinke mich aus und pflege meine Rippe.
Am frühen Vormittag erreichen wir das Schloss Sztynort(Steinort) . Hier finden mit Unterstürzung der UNESCO und der Deutsch-Polnischen Stiftung umfangreiche Restaurationsmaßnahmen statt. Durch einen glücklichen Zufall können wir einen Blick in das alte Schloss werfen und sehen den schlimmen Gesamtzustand aus der Nähe. In diesem Schloss wurde ein Teil der deutschen Geschichtemitgeschrieben. Graf von Lehndorff war eingeweiht in den Umsturzversuch vom 20.07.1944, der unter dem Namen “Operation Walküre” bekannt wurde. Bis die Gebäude wieder im alten Glanz erscheinen können, wird es aber noch geraume Zeit dauern.
Von Schloss Sztynort führt unser Weg zur “Wolfsschanze” . Auch 65 Jahre nach Kriegsende hat dieser Ort nichts von seiner bedrohlichen Ausstrahlung verloren. In diesem Winkel der Welt hatten sich Nazigrößen zur Kriegsführung zurückgezogen. Nach dem Krieg wurden die Bunkeranlagen von den russischen Besatzern gesprengt oder mindestens zerstört. Trotzdem stehen auch heute immer noch große Bauten im Wald, die erahnen lassen wie es hier einmal ausgesehen haben muss. Die monumentale Größe dieser Anlage erinnert mich an die Bunkeranlage in Wünsdorf bei Berlin. Am Eingang der Bunkeranlage sind ein Vielzahl von Tourguides unterwegs, die den Besuchern eine persönliche Führung anbieten, wir verzichten darauf. Man kann auch eine Rundfahrt in einem alten Armeefahrzeug buchen und/oder sich als deutscher Landser fotografieren lassen. Das Geschäft mit der Vergangenheit scheint auch heute noch gut zu funktionieren.
Wir machen uns wieder auf den Weg und einer plötzlichen Eingebung folgend, wollen wir an die russische Grenze fahren. Das ist einfacher gesagt als getan. In Grenznähe gibt es keine Hinweisschilder außer zu den großen Städten z.B. Kaliningrad (Königsberg). Wir fahren einfach ein wenig umher und stoßen plötzlich auf eine Durchfahrtsbeschränkung. Noch während wir überlegen, ob wir das Schild ignorieren sollen, nähert sich ein grüner Fiat Panda des polnischen Grenzschutz. Auf unsere Frage, ob wir über diese Straße an die russische Grenze kommen, antworten uns die beiden Beamten mit weit aufgerissen Augen und einem Kopfschüteln. Nachdem sie sich wieder gefangen haben, werden erst einmal unsere Papiere überprüft. Das mit der russischen Grenze war wohl keine gute Idee. Die Überprüfung dauert ewig und ich vermute das die beiden Grenzer alle Kollegen im Umland informiert haben. Wahrscheinlich halten jetzt alle die Ausschau nach 4 verrückten Deutschen auf 4 BMW GS. Auch heute finden wir wieder Straßen, die Mensch uns Maschine ordentlich durchschütteln. Ich bin froh, als wir Abends auf den Parkplatz unseres Hotels rollen. Wir sind in Olsztyn im Hotel KUR . Heute haben wir es richtig gut getroffen. In unserem Hotel findet am Abend eine Hochzeit statt und daher ist das Restaurant geschlossen. Nicht schlimm nach dem Duschen geht es in die Stadt zum essen. Olsztyn hat eine schöne Innenstadt. Wir finden schnell ein Restaurant und können entspannt auf der Terrasse essen. Zurück im Hotel ist die Hochzeitsfeier im vollen Gange. Wir ziehen uns auf den Anglersteg an den See zurück und haben unsere eigene Feier.
Zwischendurch sehen wir immer wieder große Autobahnbaustellen. Hier läuft die Vorbereitung für die Fußball Europameisterschaft 2012. Wenn das Spektakel losgeht, müssen die Straßen fertig sein ansonsten versinkt alles im Chaos. Völlig unspektakulär erreichen wir wieder die Grenze, nicht ohne vorher wieder talentierte Jungunternehmerinnen der Dienstleistungsbranche am Straßenrand zu sehen. Nach Grenzübertritt trennten sich unsere Wege und jeder fuhr in seinem Tempo nach Hause.
Galerie Zurück